Berija by Wladimir F. Nekrassow (Hrsg.)

Berija by Wladimir F. Nekrassow (Hrsg.)

Autor:Wladimir F. Nekrassow (Hrsg.) [Nekrassow, Wladimir F.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: edition berolina / BEBUG mbH
veröffentlicht: 2016-02-25T23:00:00+00:00


Andrej Gromyko

Unser Himmler

Ich erinnere mich noch deutlich an eine Episode, die mit der Konferenz von Jalta zusammenhängt. Sie betraf Berija und dessen Verhältnis zu Stalin.

Bekanntlich hatte der große Führer einige Gewohnheiten, mit denen er Roosevelt und Churchill zu beeindrucken versuchte. Dazu gehörten auch ostentative Aufrichtigkeit und Offenheit.

Bei einem Essen, das die sowjetische Delegation in Jalta zu Ehren der Amerikaner und Briten gab, wurde Stalin von Roosevelt gefragt:

»Wer ist denn dieser Gentleman, der dem Botschafter Gromyko gegenübersitzt ?«

Berija war Roosevelt offensichtlich nicht vorgestellt worden. Stalin antwortete darauf:

»Ach, das ist unser Himmler. Das ist Berija.«

Mich verblüffte der treffsichere Vergleich Stalins. Diese beiden Scheusale ähnelten sich nicht nur in ihrer Funktion, sondern auch äußerlich : Himmler hatte als Einziger von Hitlers engsten Mitarbeitern einen Kneifer, und auch in Stalins Umgebung trug nur Berija ständig einen solchen.

Roosevelt war von diesem Vergleich Stalins unangenehm berührt, zumal Berija alles mitgehört hatte. Stalins Antwort irritierte den Präsidenten. Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Doch er quälte sich ein Lächeln ab. Berija sagte nichts, lächelte aber, wobei seine gelben Zähne sichtbar wurden. Der Vergleich empörte und kränkte ihn offensichtlich. An diesem Abend schwieg der ohnehin nicht sehr gesprächige Berija und war sehr zurückhaltend. Die ausländischen Gäste übersahen ihn geflissentlich.

Die Natur schien diesen Mann gleichsam für konspirative Tätigkeit geschaffen zu haben. Intrigen, Verleumdung ehrlicher Menschen, Lügen, Hetze und blutiger Terror – in diesem Milieu fühlte er sich wohl.

Die langjährigen Parteimitglieder sahen in ihm einen Emporkömmling. Seine hohe Position in unserem Land hatte er deshalb erreicht, weil er schon während seiner Tätigkeit in Georgien Stalins Gunst erworben hatte. Er genoss das volle Vertrauen des allgewaltigen Diktators, und alle wussten das. Doch meiner Meinung nach haben die Historiker recht, die glauben, dass Berija, wenn Stalin noch länger gelebt hätte, dem von ihm geschaffenen mörderischen Unterdrückungsapparat selbst zum Opfer gefallen wäre.



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